Das Zeichen des Sieges by Bernard Cornwell

Das Zeichen des Sieges by Bernard Cornwell

Autor:Bernard Cornwell [Cornwell, Bernard]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-06-06T04:00:00+00:00


Hook sah zu, wie Melisande Pater Christopher mit Honig fütterte. Der Priester saß an ein Fass mit Räucherhering gelehnt, das aus England gekommen war. Sein Gesicht war blass und ausgezehrt, er war dünn wie ein Gerippe und schwach wie ein frischgeschlüpfter Vogel, aber er lebte.

»Cobbett ist tot«, sagte Hook, »und Robert Fletcher.«

»Der arme Robert«, sagte Pater Christopher, »wie geht es seinem Bruder?«

»Lebt noch«, sagte Hook, »aber die Krankheit hat er auch.«

»Sind noch andere gestorben?«

»Pearson ist tot, Hull auch, und Borrow und John Taylor.«

»Gott sei ihnen allen gnädig«, sagte der Priester und bekreuzigte sich. »Und bei den Feldkämpfern?«

»John Gaffhey, Peter Dance, Sir Thomas Peters«, zählte Hook auf, »alle tot.«

»Gott hat Seinen Blick von uns abgewandt«, sagte Pater Christopher niedergeschlagen. »Spricht dein Heiliger immer noch zu dir?«

»Im Augenblick nicht«, gab Hook zu.

Pater Christopher seufzte. Einen Moment lang schloss er die Augen. »Wir haben gesündigt«, sagte er grimmig.

»Uns wurde gesagt, Gott sei auf unserer Seite«, erwiderte Hook eigensinnig.

»Das haben wir auch geglaubt«, sagte der Priester, »wir alle haben es geglaubt, und mit dieser Überzeugung im Herzen sind wir ausgezogen. Und nun offenbart sich Gott. Wir hätten nicht hierherkommen sollen.«

»Wirklich, das hättet Ihr nicht«, sagte Melisande nachdrücklich.

»Harfleur wird fallen«, beharrte Hook.

»Das wird es wahrscheinlich«, räumte Pater Christopher ein und hielt inne, während ihm Melisande einen Tropfen Honig vom Kinn wischte. »Wenn die Franzosen nicht noch zu seiner Befreiung kommen, ja, dann wird es schließlich fallen. Und was dann? Wie viel ist von unserer Armee noch übrig?«

»Genug«, sagte Hook.

Pater Christopher lächelte matt. »Genug wofür? Um auf Rouen zu marschieren und die nächste Belagerung anzufangen? Oder um Paris einzunehmen? Wir würden uns kaum selbst verteidigen können, falls die Franzosen mit einer Entsetzungstruppe hier auftauchten. Also, was werden wir tun? Wir ziehen in Harfleur ein, bauen seine Stadtmauer wieder auf, und anschließend segeln wir nach Hause. Wir sind gescheitert, Hook. Wir sind gescheitert.«

Hook schwieg. Eine der übriggebliebenen englischen Kanonen feuerte, und das Geräusch klang schwach durch die warme Luft. Irgendwo im Lager sang ein Mann. »Wir können nicht einfach nach Hause gehen«, sagte er nach einer Weile.

»Doch, das können wir«, erwiderte Pater Christopher, »und sehr wahrscheinlich werden wir auch genau das tun. All das viele Geld für nichts! Für Harfleur vielleicht. Und was wird es uns noch kosten, diese Mauern wieder aufzurichten?« Er zuckte mit den Schultern.

»Vielleicht sollten wir die Belagerung aufgeben«, schlug Hook missmutig vor.

Der Priester schüttelte den Kopf. »Das wird Henry niemals tun. Er muss gewinnen! Auf diese Weise kann er beweisen, dass er in Gottes Huld steht, und davon abgesehen würde es ihm als Schwäche ausgelegt, wenn er die Belagerung aufgäbe.« Er schwieg einen Moment lang und fuhr dann stirnrunzelnd fort: »Sein Vater hat den Thron mit Gewalt an sich gebracht, und Henry fürchtet, dass andere das Gleiche tun könnten, falls er die geringste Schwäche zeigt.«

»Esst, redet nicht«, sagte Melisande nachdrücklich.

»Ich habe genügend gegessen, meine Liebe«, sagte Pater Christopher.

»Ihr solltet noch etwas mehr essen.«

»Das werde ich. Heute Abend. Merci.«

»Gott verschont Euch, Pater«, sagte Hook.

»Vielleicht will Er mich nicht im Himmel haben«, vermutete Pater Christopher



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